Einst waren die Bahnhöfe im Landkreis mit ihren Empfangsgebäuden
Anlaufstelle für Reisende und Pendler, die Wartehallen boten
den Fahrgästen Schutz vor Kälte und Regen. Mittlerweile
haben fast überall Fahrkartenautometan das Schalterpersonal
abgelöst, die Bahn AG hat in den vergangenen Jahren viele ihrer
Bahnhofsgebäude verkauf oder vermietet. Wie die Bauten im Kreis
heute genutzt werden, soll in lockerer Folge an Beispielen gezeigt
werden.
Messel.
"Hier ist ein Ort des Lebens und der Begegnung", sagt
die Bildhauerin Meta Bacsák (53) aus Messel und blickt aus
dem Fenster. Darunter läuft eine Gruppe Reisender vorbei, die
gerade aus dem Zug ausgestiegen ist. Die Station ist zugleich die
Adresse von Meta und Károly Bacsák: Bahnhof Messel.
Seit
1986 lebt und arbeitet das Künstlerehepaar im mehr als
100 Jahre alten dreistöckigen Bahnhofsgebäude, dem
"Künstlerbahnhof", wie das Ehepaar ihr Wohn-Atelier
im Messeler Ortsteil Grube Messel nennt. Darin haben sie in
den vergangenen Jahren Ausstellungen und Konzerte mit befreundeten
Malern, Bildhauern und Musikern veranstaltet. Bevor das Paar
die ehemalige Unterkunft für Bahnangestellte in eine
Begegnungsstätte für Kunst und Kunstinteressierte
verwandelte, hatte das rund 300 quadratmeter große Gebäude
sieben Jahre lang leer gestanden. "Für einen Schalterbetrieb
bestand kein Bedarf mehr", sagte dazu Herrmann Schöffel,
Bahnhofsmanager der Bahn AG. |
"Der
Vorteil unserer Wahnlage ist, dass wir auch selbst Krach machen
können, wann wir sollen", ruft Maler Károly Bacsák
(48) und versucht, das Dröhnen eines vorbeidonnernden Zuges
zu übertönen. "Durch die ständige Geräuschkulisse
lebt das Haus Tag und Nacht. Das passt zu unserer Arbeit und zu
uns", sagt der gebürtige Ungar.
Wohnbereiche und
Ateliers vermischen sich im Gebäude
Auf dem Weg in den ersten Stock schlüpft
Haushund "Pötyi" vorsichtig an den bunten
Plastiken und Skulptuten auf der Treppe vorbei. "Das
Reizvolle an diesem Haus ist nicht, dass es mal ein Bahnhofsgebäude
war, sondern die große Fläche", sagt Meta
Bacsák und öffnet die Tür zur mittleren
Wohnebene. Wie in den übrigen Räumen des renovierten
Gebäudes vermischen sich dort Wohnbereiche und Ateliers.
Ob in Küche oder Schlafzimmer: überall stehen
farbenfrohe, zum Teil noch nicht fertig gestellte Plastiken
aus Ton oder Holz, in Regalen stehen unzählige Gläser
mit Farbpigmenten und Tuben mit Ölfarbe. An den Wänden
hängen kontrastreiche Bilder aus Acryl und Öl,
zwischen zweitem und drittem Stockwerk stehen die sieben
"Meta-Morphosen" - Bäume aus Kunststoff,
Holz und Sägespähnen. Die Kunstwerke und Materialien
verlocken den Besucher zum Streifzug durch das helle Gebäude,
dessen Entstehungsjahr nur schwer nachzuvollziehen ist.
"über diese Daten verfügen wir nicht mehr",
sagt Bahn-Sprecher Gerd Felser. Schon vor Jahren habe die
Bahn AG ihr Archiv aufgelöst, Daten und Historie der
alten Stationen wurden an Landesarchive und Museumsvereine
verteilt. Dass die Fassade des Messeler Gebäudes seit
drei Jahren unter Denkmalschutz steht, weiß dagegen
die Denkmalschutzbehörde des Kreises.
Fahrkartenautomaten haben in Messel längst das Bahnhofspersonal
abgelöst. Lediglich das Stellwerk wird von einem Bahnangestellten
besetzt.
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Dennoch ist mindestens einmal im Jahr großer Bahnhof im ehemaligen
Stationsgebäudes: Beim Tag des offenen Ateliers können
sich Besucher einen Eindruck vom Leben und der Arbeit im Künstlerbahnhof
machen, auch sind Führungen nach Absprache möglich. "Viele
Menschen haben uns schon besucht und jeder hat etwas von seiner
Seele dagelassen", sagt Meta Bacsák.
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